Wie vor Hunderten von Jahren setzen die Roma vom Stamm der Kalaidzhi in Bulgarien auf traditionelle Brautmärkte. Die Regeln sind streng patriarchal. Die Wichtigste: Die Frau muss Jungfrau sein.
Für junge Frauen und Männer ist es so ziemlich die einzige Möglichkeit, einander kennenzulernen: Die Roma der Untergruppe Kalaidzhi setzen auf traditionelle Brautmärkte zur Zusammenführung von Paaren – wie vor Hunderten von Jahren.
Die Regeln sind weniger romantisch als strikt patriarchal: Der zukünftige Ehemann und seine Familie wählen eine junge Frau aus, für die ein Preis verhandelt wird. Dieser hängt davon ab, wie alt sie ist, wie lang ihr Haar ist und wie hell ihre Haut. Das wichtigste Merkmal aber: Sie muss Jungfrau sein.
Zum Stamm der Kalaidzhi gehören rund 18.000 Menschen. Sie leben in Bulgarien, wo sie auf vielfache Weise diskriminiert werden. Viele pendeln nach Deutschland oder Großbritannien, um dort in Schlachthäusern oder am Fließband zu arbeiten. Die Kalaidzhi leben von der Mehrheitsgesellschaft weitgehend abgeschieden und heiraten meist untereinander.
Die Brautmärkte finden mehrmals im Jahr statt. Manche der dort ausgeübten Traditionen erinnerten den Fotografen Giuseppe Nucci an die Geschichten über seine eigenen Vorfahren in Italien – etwa das blutige Taschentuch, das nach der Hochzeitsnacht zum Beweis der vorehelichen Keuschheit der Braut präsentiert wird.Nucci wollte mehr erfahren und reiste viermal zu einem Brautmarkt auf einem Busparkplatz in der bulgarischen Region Thrakien. Es gelang ihm, mehrere Familien zu begleiten. »Sie sind sehr stolz auf ihre Traditionen und auf den Brautmarkt«, sagt Nucci.